Am 1. November, Allerheiligen, haben wir uns diesmal auf den Spuren alter deutscher Gräber auf den Zentralfriedhof in Brünn begeben. Ein schöner sonniger aber kalter Spätherbsttag erwartete uns, als sich unsere Gruppe an der Haltestelle unterhalb und gleichzeitig am Haupteingang des Zentralfriedhofs, an der Wienergasse traf. Lebhaftes Treiben herrschte dort, viele kleine Stände verkauften Blumengebinde, Kerzen und allerlei Grabschmuck, viele Menschen besuchten den größten Friedhof der Stadt. Bereits am Wochenende zuvor meldeten die Zeitungen, es sei kein Durchkommen zum Friedhof möglich, die nicht ausreichenden Parkplätze voll belegt und die Stadtverwaltung möge doch um ausreichende Parkplatzmöglichkeiten sorgen.

 

Wir besuchten zunächst die Gräber der großen Brünner Familien, das Grabmal der Familie Lindenthal, das Grabmal der Fabrikantenfamilie Storek, deren ehemaliges Fabrikgelände, später bekannt als „Šmeralovy závody“, heute erschreckend brachliegt.

 

Im klaren Herbstwetter gingen wir den Friedhofsberg aufwärts, blieben da und dort an einem der noch verbliebenen deutschen Gräber stehen, hier und da verschwand eines der Gruppenmitglieder um das persönliche Familiengrab zu besuchen und bevor wir uns umschauen konnten, waren eineinhalb Stunden um und wir standen am oberen Ausgang des Friedhofs.

 

Die eigentliche Überraschung kam aber erst im Begegnungszentrum als wir die Fotoausbeute des Spaziergangs zeigten. Wie gut, daß wir unsere Frau Renate Stroner haben. Sie konnte an dem Spaziergang nicht teilnehmen, zeigte sich aber an den Bildern sehr interessiert. Und zu unserer Überraschung konnte sie nahezu alle die schönen alten deutschen Grabmäler auch identifizieren und zu den ehemaligen deutschen Familien der Stadt Brünn auch etwas berichten.

 

Der Name der Familie Illek gehöre, so Frau Stroner, zu einer ehemals großen und bekannten Brünner Bäckerei auf dem Dornych. Die Familie Till, deren Grabmal wir bei unserem Spaziergang lange bewunderten, geht auf eine Eisenwarenhandlung auf dem Großen Platz (heute Freiheitsplatz /Náměstí Svobody) zurück. Ein großes Geschäft, fast ein Kaufhaus soll die Familie einst geführt haben.

 

Ein weiteres Grabmal in Foto festgehalten zeigt den Namen Rotter. Dies sei, so Frau Stroner, wiederum ein großes Textilgeschäft gewesen, am Brünner Kapuzinerplatz. Ein weiteres Textilgeschäft, auf der Brünner Zeile, führte die Familie Schöller, deren schönes Grabmal wir auch im Foto festgehalten haben, ohne zu wissen, um wen es sich handelt. Und  Edwin Storek, der Sohn der großen Fabrikantenfamilie, die einst Viktor Kaplan als Ingenieur beschäftigte und ihm die große Chance seines Lebens bot, seine Ideen zu verwirklichen, ja der Edwin, der sei sogar ihr Mitschüler gewesen, berichtet Frau Renate. Nur über die Familie Mayer wusste Frau Stroner nichts zu berichten. Nun vielleicht finden wir noch jemanden, der dazu etwas mehr sagen kann und auf jeden Fall haben wir uns noch einen weiteren Spaziergang vorgenommen, wenn Frau Stroner ein wenig mehr Zeit findet und die Führung auf dem Friedhof übernehnen kann.

  

Von weitem konnten wir das große Grabmal der Familie Herring fotografieren, eine Familie der Brünner Gründerjahre. Johann Ernst Ritter von Herring errichtete in Brünn, zusammen mit Graf Salm-Reifferscheid die erste Wollspinnerei, zu der der Graf eigens eine Reise nach England unternahm und von dort Werkführer, Maschinen und Zeichnungen mitbrachte. Herring wurde auch Besitzer des vernachlässigten Rossitzer Steinkohlebergwerks, das unter seiner Leitung für die aufkommende Brünner Industrie von großer Bedeutung wurde.

 

Ein wenig abseits liegt das Grab der Familie Dr. Julius Brügel, k.k. Landesgerichtsrats. Das Grabmal erinnert ebenfalls an seinen Sohn, Johann Wolfgang Brügel, Journalist, Politiker (Sozialdemokrat) und Sekretär des Ministers für soziale Fürsorge, Dr. Ludwig Czech in der ersten Tschechoslowakischen Republik. J.W. Brügel kehrte nach dem Krieg in die Tschechoslowakei zurück, emigrierte aber zum zweiten Mal um im Exil zu leben. Er starb 1986 in London.

 

Nachdenklich macht das Ehrengrab-Rondell des Brünner Zentralfriedhofs. Als hätte es die Zeit der Brünner multikulturellen Vergangenheit nie gegeben. Ein wenig nachdenklich sinniert der Brünner Publizist Jiří Endler in seiner Publikation „Geschichten der Brünner Friedhöfe“ ( Příběhy brněnských hřbitovů.):

 

Gehen Sie ein wenig weiter, die Treppen hinunter und Sie erreichen das Ehrengrab-Rondell. Auch an diesem ist etwas wahrhaft Brünnerisches. Ursprünglich, schon seit dem Entstehen des Friedhofs, wurde dieser Platz als letzte Ruhestätte Brünner Oberbürgermeister, Ehrenbürger und verdienter Mitglieder der Brünner Stadtverwaltung konzipiert. In seiner Mitte, heute leer, wurde kurz nach Eröffnung des Zentralfriedhofs Gustav Winterholler (1834 - 1894) bestattet, Oberbürgermeister zur Zeit der Friedhofseröffnung, dessen Existenz überhaupt erst gerade diesem Mann zu verdanken ist. Auch wenn diese Männer später die eigene deutsche Nationalität bitter bezahlen mussten, geht  die neue Konzeption des Ehrengrab-Rondells auf zum Patriotismus verklärte Missachtung der Toten, wie auch, später, auf eine gewöhnliche und unverhohlene Gleichgültigkeit zurück. Keine von diesen Persönlichkeiten hat heute ihre letzte Ruhestätte auf diesem Platz.

 

Soviel Jiří Endler.

 

Das eine oder andere Ehrengrab erinnert an Persönlichkeiten des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die weit über Grenzen Brünns und Mährens sowohl der tschechischen wie auch der deutschen Sprachenwelt angehörten. Dazu gehört Dr. Karl Absolon, der bekannte Archäologe und Höhlenforscher, seine Grabstätte zeigt eine kleine Höhle als Platz für die Kerzen, die Vorübergehende anzünden, den ersten sozialdemokratischen Abgeordneten in den Wiener Reichsrat, Josef Hybeš, der gemeinsam von Brünner deutschen und tschechischen Sozialdemokraten nominiert und auch gemeinsam gewählt wurde und dessen Grabmal-Aufschrift ursprünglich in beiden Sprachen sowohl in tschechischer wie auch in deutscher angebracht war. Heute erinnert nur eine erkennbare Leerstelle am Grabmal an den einstigen deutschen Text. Und selbstverständlich die Grabstätte des großen Komponisten Leoš Janáček.

   

Alles konnten wir nicht an einem Tag bewältigen. Der interessante Rückblick in die Zeitgeschichte, wie ihn der Zentralfriedhof in Brünn bietet, ist nicht in zwei Stunden zu schaffen. Wir haben weder das Grab von Gregor Mendel besucht, noch das Grab der Familie Jedlička, der Eltern des legendären Stars der Brünner und Wiener Oper und schließlich der Metropolitan Opera in New York, ihrer Tochter, mit Künstlernamen Maria Jeritza. Das alles, und vielleicht noch mehr das nächstemal. Ganz sicher.

 

Und - wir freuen uns über jeden weiteren Hinweis zu der Geschichte der einstigen deutschsprachigen Brünner Familien. 

 

Anmerkung: Einige der Fotos haben wir, um die Sammlung zu vervollständigen, aus früheren Besuchen des Brünner Zentralfriedhofs beigefügt.

 

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Alle prämiierten Zeichnungen beim klick aufs Bild in einer Bilderstrecke der "Landeszeitung"! !
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 ACHTUNG: STUTTGARTER ZEITUNG BERICHTET ÜBER DEN BESUCH VON OB FRITZ KUHN IM BGZ BRÜNN

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Einen freundlichen Brief mit den besten Wünschen des Oberbürgermeisters der Stadt Schwäbisch Gmünd, Herrn Richard Arnold (Bild), zu unserer Veranstaltung am 19. Oktober sehen Sie in unserem Gästebuch – bitte klick aufs Bild  - ! !

Und einen freundlichen Eintrag in unser Gästebuch vom Mai 2017 lesen Sie auf unserer Webseite unter "2017"