Auf Spurensuche nach Gemeinsamkeiten
15. Oberplaner Gespräche: „Tschechen und Deutsche der böhmischen Länder im Laufe der Geschichte“
Die diesjährigen (fünfzehnten) „Oberplaner Gespräche“ vom 16.-18.09.2011 im „Adalbert-Stifter-Zentrum“ im südböhmischen Oberplan gingen den Spuren der im Laufe von über 800 Jahren gemeinsamer Geschichte von Tschechen und Deutschen in den böhmischen Ländern entstandenen Gemeinsamkeiten zwischen beiden Ethnien nach.
Der Historiker und Geschichtsdidaktiker Prof. Alfred Brückner (Grulich/Weingarten) hinterfragte eingangs das Motto kritisch und wies auf Fehlinterpretationen beider Seiten hin. Dr. Raimund Paleczek aus München, ebenfalls Historiker und Vorsitzender des „Sudetendeutschen Instituts“, befaßte sich mit dem südböhmischen Geschlecht der Rosenberger, die als wichtigstes böhmisches Adelsgeschlecht das Königreich Böhmen über Jahrhunderte geprägt haben und heute von tschechischer wie von deutscher Seite vereinnahmt werden. Einen anderen Aspekt der Gemeinsamkeiten beleuchtete der Diplomvolkswirt Peter Hucker (Asch/Bielefeld), der über die sudetendeutsch-tschechische wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen 1918 und 1938 referierte. Der Karlsbader Historiker Dr. Stanislav Burachovič (Direktor des Karlsbader Bezirksmuseums) stellte in seinem Referat klar, daß die Schlacht am Weißen Berg bei Prag 1620 keineswegs der tschechischerseits oft behauptete nationale tschechische Aufstand gegen die deutschen Habsburger war, sondern der gemeinsame Kampf des tschechischen und deutschen böhmischen Adels gegen die von Habsburg dominierte „Katholische Liga“, und daß die anschließend am Prager Altstädter Ring hingerichteten böhmischen Führer Adlige „tschechischer und deutscher Zunge“ waren.
Ein Referat von Dr. Peter Becher, dem Geschäftsführer des „Adalbert-Stifter-Vereins“ in München, über die literarischen und künstlerischen Verflechtungen zwischen Tschechen und Deutschen der böhmischen Länder sowie eine Podiumsdiskussion über die Frage, welche Geltung alle diese Gemeinsamkeiten heute noch haben, vervollständigten die Reihe der Vorträge und Referate.
Im kulturellen Rahmenprogramm gab es einen „Böhmischen Abend“ mit der südböhmischen Folkloregruppe „Furiant“ und eine Autorenlesung von Gerti Brabetz (Krummau/Marburg a.d.Lahn), die aus ihrem neuen Roman „Almas Hut“ las.
Oberplan, im September 2011
Bildtexte:
Der Eingang zum „Adalbert-Stifter-Zentrum“
Die Schriftstellerin Gerti Brabetz (Krummau a.d.Moldau / Marburg a.d.Lahn) liest aus ihrem neuen Roman „Almas Hut“
Die Podiumsdiskussion über die Frage, inwieweit heute noch ein Wissen von den Gemeinsamkeiten zwischen Tschechen und Deutschen der böhmischen Länder vorhanden ist (von links: Abg. Zum Tschechischen Nationalrat a.D. Walter Piverka, langjähriger Präsident der „Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien“, Mgr. Ivan Slavík, der Moderator der Diskussion, Dr. Werner Nowak, Präsident der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft, und Dr. Rudolf Erhart von der „Union für gute Nachbarschaft tschechisch- und deutschsprachiger Länder“)
(Fotos: ASZ